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Safer-Use Empfehlungen

  • Es gibt keinen Substanzkonsum ohne Risiko.
  • Im Sinne der Schadensminderung ist es deshalb wichtig die Konsumierenden über Wirkungen, Nebenwirkungen und Risiken der psychotropen Substanzen zu informieren und aufzuklären.
  • Ziel ist es, Konsumierende zu einem möglichst verantwortungsvollen Umgang mit psychoaktiven Substanzen zu sensibilisieren und auf diese Weise potentielle Risiken und Gesundheitsgefährdungen auf ein Minimum zu reduzieren.
  • Drei Faktoren beeinflussen die gewünschte oder unerwünschte ("bad trip") Wirkung nach einem Substanzkonsum hauptsächlich und müssen beachtet werden:
    • die Substanz (Drug) selbst
    • Persönlichkeit und Stimmung (Set)
    • das Umfeld (Setting), in dem es zum Substanzkonsum kommt
  • Dabei macht es Sinn dieses Konzept um die Ebenen Vorher (Information), Während (Bewusstsein) und Nachher (Erholung und Reflektion) zu ergänzen.
  Drug Set Setting
Vorher = Information
  • Wirkprofil jeder einzelnen Substanz (Wirkung, Nebenwirkungen, Langzeitfolgen)
  • Substanz-zusammensetzung, Wirkstoffgehalt, Streckmittel
    (Drug Checking)
  • Einnahmeform und Dosis
  • Safer-Use-Informationen
  • Körperliche und psychische
    Gesundheit
  • Körperliche und psychische Voraussetzungen (Krankheiten, Einschränkungen)
  • Konsum-motivation
  • Persönliche Erfahrungen
    (Memory- oder Placebo-Effekt
  • Vorgesehener Konsumort
  • Erreichbarkeit / Transport-möglichkeit
  • (Mit-) Konsumierende
  • Begleitpersonen
  • Zugang zu Safer-Use-Materialien
Während = Bewusstsein
  • Wirkdauer
  • Beikonsum anderer Substanzen (Mischkonsum), in welchen Abständen und
    in welchen Dosierungen
  • Nahrungs- und Flüssigkeits-aufnahme
  • Körperliche und psychische
    Tagesform
  • Konditionierte Konsummodelle, beispielsweise zu Kokain immer Beikonsum von Alkohol
  • Psychische Überforderung
  • Körpertemperatur, Puls und
    Herzschlag
  • Verhaltensmuster (z.B. Aggressivität)
  • Erwartung deckt sich nicht mit der Realität
  • Änderungen in Bezug auf den Ort und die (Mit-) Konsumierenden
  • Trip-Begleitung (psychedelische
    Ambulanz)
Nachher = Erholung & Reflektion
  • Erholungszeit
  • Eingenommene Substanzen und Dosierung
  • Anzahl Konsumeinheiten
  • Konsumart
  • Zusammensetzung der eingenommenen Substanzen
  • Erlebte Rauscherfahrung
  • Rausch-veränderungen
    im Vergleich zu gemachten
    Erfahrungen
  • Körperliche und psychische Signale
  • Ort zum Herunterkommen
  • Begleitpersonen
  • Ruhemöglichkeit
  • Nahrungsmittel
  • Körperlicher und psychischer Support (medizinisch, therapeutisch)

Quelle: A. Bücheli, 2017, Risikoarmer Drogengebrauch, Solothurn

Mitentscheidender Faktor für eine Drogenwirkung und ihre Risiken ist die Art und Weise, wie Substanzen eingenommen werden.

Aufnahmeart Wirkungsbeeinflussung Risiko Safer Use
Oral (geschluckt)
  • Langsamer Wirkungseintritt, zwischen 30 und 120 Minuten
  • Ungewollte Überdosierung, da eine zu hohe Dosis eingenommen oder zu schnell nachdosiert worden ist
  • Dosis an Alter, Geschlecht und Gewicht anpassen
  • Genügend Zeit abwarten, bis die Wirkung eintritt
Nasal (geschnupft)
  • Schneller Wirkungseintritt nach einigen Sekunden / Minuten
  • Schädigung der Nasen-schleimhaut
  • Risiko einer Hepatitis-C- Übertragung über gebrauchte Schnupf-utensilien
  • allgemeines Infektionsrisiko
  • Pulver, Stein möglichst fein hacken
  • Eigene Röhrchen verwenden
  • Nase nach dem Konsum spülen (Meersalz) und mit Salbe pflegen
Geraucht
  • Sehr schnell, nach wenigen Sekunden
  • Wirkung schnell, heftig (Flash) und intensiv – klingt meist wieder relativ schnell ab
  • Ungewollte Überdosierung aufgrund des hohen Umsetzungs-grades
  • Gefahr eines Binge-Konsums (intensive Wirkung)
  • Reizung der Lunge und des Rachens
  • Krebserregende Stoffe infolge des Verbrennungs-prozesses
  • Kleine Dosen einnehmen
  • Zwischen den Dosen - Pausen einlegen
  • Geeignete Rauch-utensilien und vor allem Filter verwenden
  • Vaporizen (Verdampfen) ist besser als Rauchen
IV (intravenös gespritzt)
  • Sehr schnell, nach wenigen Sekunden
  • Wirkung schnell, heftig (Flash) und intensiv – klingt meist wieder relativ schnell ab
  • Ungewollte Überdosierung, da eine zu hohe Dosis eingenommen worden ist
  • Gefahr der Übertragung von HIV, HepC etc. durch unsaubere Materialien – Spritzentausch
  • Pulver, Stein möglichst fein hacken
  • Saubere Lösung herstellen
  • Geeignete Spritze wählen (Nadelgröße)
  • Lösung durch einen Filter aufziehen
  • Einstichstelle desinfizieren und wechseln
  • Eigenes Material verwenden
IM (intramuskulär gespritzt)
  • Nach mehreren Minuten
  • Nur wenige Substanzen eignen sich für den IM-Konsum
  • Ungewollte Überdosierung, da nachdosiert wird aufgrund einer schwachen Wirkung
  • Reizung der Muskeln des Gewebes
  • Gefahr der Übertragung von HIV, Hep. C etc. durch unsaubere Materialien – Spritzentausch
  • Siehe IV-Konsum
Rektal (Zäpfchen)
  • Nach mehreren Minuten
  • Ungewollte Über-dosierung, da eine zu hohe Dosis eingenommen oder zu schnell nachdosiert worden ist
  • Reizung des Darms
  • Abführend
  • Angepasste Dosis einnehmen
  • Je nach galenischer Form Gleitmittel verwenden
  • 90 Min. abwarten, bis die Wirkung eintritt

Quelle: A. Bücheli, 2017, Risikoarmer Drogengebrauch, Solothurn

Zu beachten gilt es zudem:

  • "Legal Highs", "Legal Drugs" bzw. "Natural Drugs" bedeutet nicht, dass diese ungefährlich sind! Substanzen können mit anderen gefährlichen Stoffen "gestreckt" sein, deren Wirkungen und Nebenwirkungen noch sehr unbekannt sind
  • Bei Konsum ist unter anderem folgendes zu beachten:
    • Psychoaktive Substanzen sollen vor dem Konsum, wenn immer möglich, analysiert werden (siehe Drug Checking).
    • Riskanten Mischkonsum vermeiden, da Wechselwirkungen gefährlich und unerforscht sind.
    • Nie alleine konsumieren; während des Konsums immer auch auf die Mit-Konsumierenden achten! Eintretende Halluzinationen, Erregungszustände, Angstzustände, Benommenheit, problematische Reizüberflutungen, verzerrte Realitätseinschätzungen, usw. können Konsumierende in gefährliche Situationen bringen.
    • Die Konsumierenden sollten immer Informationen deponieren (z.B. durch Mitteilung an andere Beteiligte), was und wieviel sie genau konsumieren werden oder bereits konsumiert haben.
    • Sofern sich bei einer Person nach dem Konsum körperliche und/oder psychische Probleme zeigen, sollte die betroffene Person nie alleine gelassen werden. Beteiligte sollen sofort die Sanität rufen.
    • Konsumierenden anraten "Chill out-Phasen" einzulegen (z.B. Ruhe suchen, an der frischen Luft abkühlen).
    • 5 dl Wasser pro Stunde um der drohenden Dehydration, aufgrund der Substanz- und evtl. auch Bewegungsinduziertes-Körpertemperaturerhöhung entgegenzuwirken.
    • Im Sommer, bei warmen Temperaturen, auf Schatten, Abkühlung und Flüssigkeitsaufnahme achten – nicht unter Substanzeinfluss ins Wasser springen.
    • Ein "Hangover" (Motivationslosigkeit, depressive Verstimmung, Unsicherheit, körperliche Symptome) nach dem Rausch sollte nicht mit anderen Substanzen unterdrückt oder aufgehoben werden.
    • Frauen sollten aus verschiedenen Gründen (Unterschiede in Gewicht, Fett/Wasserverteilung, Metabolisierungsrate) kleinere Dosen einnehmen.
    • Es wird generell davon abgeraten, während der Schwangerschaft oder dem Stillen auf jegliche Art und Weise psychoaktive Substanzen zu konsumieren; diese können für das Ungeborene, Neugeborene und die Mutter schwerwiegende, evtl. gar tödliche Nebenwirkungen, zur Folge haben (siehe auch Schwangerschaft/Stillzeit).
    • Personen, die unter Herzproblemen, Bluthochdruck bzw. Kreislaufproblemen, Schilddrüsenüberfunktion, Leber- oder Nierenerkrankungen bzw. unter psychischen Störungen leiden, ist vom Konsum psychoaktiver Substanzen dringend abzuraten!
  • Durch eine mögliche Enthemmung nach Substanzkonsum kann es zu einer starken Selbstüberschätzung bzw. zu einer Fehleinschätzung von Risiken und Gefahren kommen
    • "Don't drive" –"Fahren unter Drogeneinfluss“ (FUD) ist verboten, siehe Strassenverkehr
    • Grössere Gefahr unter Substanzeinfluss sowohl Oper als auch Täter zu werden. Vor allem in Bezug auf Gewaltdelikte spielt Alkohol, mit seiner enthemmenden Wirkung, eine besondere Rolle. Dies kann sich durch die gleichzeitige Einnahme von Kokain gar noch potenzieren.
    • Die Wahrscheinlichkeit für ein risikoreiches Sexualverhalten steigt durch die Enthemmung nach einem Substanzkonsum. CAVE: Aus Schutz vor sexuell übertragbaren Krankheiten ist es sehr wichtig die "Safer Sex Regeln" zu beachten (Kondome verwenden, Schwangerschaftsverhütung, usw. vgl. auch Aids Hilfe)
    • Kommt es trotzdem zum ungeschützten Sexualverkehr oder zu anderen riskanten Sexualpraktiken soll dringend ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden. In Rücksprache mit ärztlichem Fachpersonal (z.B. Hausärztinnen oder Hausärzte, Fachärztinnen oder Fachärzte, Spital, A) ist in bestimmten Fällen eine Postexpositionsprophylaxe (PEP) in Erwägung zu ziehen, um das Risiko für eine Infektion mit HIV zu reduzieren. WICHTIG: Der Beginn mit einer PEP-Behandlung muss innerhalb von 72 Stunden erfolgen! Diese spezielle Behandlungsform erfordert eine einmonatige Einnahme von bestimmten HIV-Medikamenten. Das Risiko einer Infektion wird dadurch zwar nicht ausgeschlossen, aber stark minimiert. Die Einnahme dieser Medikamente ist mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden.

 

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