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Nachweisbarkeit Alkohol / Biologische Marker

Biologische Alkoholismus-Marker

  • Der akute Alkoholkonsum kann direkt im Blut oder indirekt über Vermischung mit der Atemluft im Alkoholatemtest nachgewiesen werden
  • Als "klassische" biologische Marker eines chronischen Alkoholkonsums gelten
    • γ-GT, GOT (ASAT), GPT (ALAT) und MCV
    • sowie bei Leberschädigung Bilirubin, Gerinnungswerte (Quick, INR) und Albumin
  • Mitte der 70`er Jahre wurde das CDT (Carbohydrat defizientes Transferrin) als alkoholspezifischer Marker mit einer hohen Spezifität und Sensitivität für chronischen Alkoholkonsum entdeckt; die Bedeutung von CDT als Alkoholismusmarker nimmt aufgrund des breiteren Einsatzes von Phosphatidylethanol (PEth) zunehmend ab
  • Der Marker mit der höchsten Sensitivität und einer alkoholtypischen Spezifität von 100% ist Ethylglucuronid (EtG), ein Stoffwechselprodukt des Ethanols; es bildet sich ausschliesslich nach Alkoholkonsum und kann in Blut, Urin und Haaren nachgewiesen werden. Die Bestimmung von Ethylglucuronid im Haar ist ein mittlerweile fest etabliertes Verfahren in der Rechtsmedizin zur Überprüfung der Abstinenz und Beurteilung des Alkoholkonsumverhaltens, vgl. dazu „Strassenverkehr: Alkohol“. Die Kosten für die Ethylglucuronid-Bestimmung im Haar betragen ca. 250.00 CHF und werden nicht von Krankenkassen übernommen. Im therapeutischen Prozess ist es grundsätzlich ungünstig mit diesem Wert zu arbeiten. Er spielt jedoch eine grosse Rolle bei der Erfolgskontrolle auferlegter Massnahmen durch rechtsmedizinische Institute.
  • In der allgemeinmedizinischen Praxis können auffällige alkoholspezifische Parameter, insbesondere die Kombinationen von CDT, γ-GT, GOT, GPT und MCV, als Einstieg in ein Gespräch über einen problematischen Alkoholkonsum dienen
  • Phosphatidylethanol (PEth) umfasst eine Gruppe von Phospholipiden, die zwei variable Fettsäureketten tragen, die mit einem gemeinsamen unpolaren Phosphoethanolkopf verbunden sind. Sie werden in Zellmembranen aus Phosphatidylcholin nur in Gegenwart von Alkohol gebildet. Daher wird PEth als direkter Biomarker für das Screening des jüngsten Alkoholkonsums verwendet und ist 30 Minuten nach Trinkbeginn nachweisbar. PEth ist noch 2- 3 Wochen nach Beendigung des Trinkens im Blut messbar. Ein einziges Alkoholkonsumereignis führt nicht zu nachweisbaren Mengen an PEth. Die Sensitivität und die Spezifität von PEth sind grösser als bei anderen Alkoholmarkern, wie z.B. GGT und CDT und wird daher zunehmend häufiger eingesetzt; zudem lassen sich Korrelationen von PEth und der Konsummenge ableiten. In der Westschweiz hat die Bestimmung von PEth den Alkoholismusmarker CDT bereits weitgehend abgelöst. Die Bestimmung erfolgt in kapillärem Blut oder Vollblut sowie in getrocknetem Blut. Die Kosten werden von Krankenkassen übernommen (110.- CHF), bei rein klinischen Indikationen (z.B. vor Lebertransplantationen, als Screening-Parameter), nicht aber bei rechtsmedizinischen Indikationen bzw. Fragestellungen.

1. Laborparameter zur Diagnose des chronischen und akuten Alkoholabusus

chronischer Alkoholkonsum

akuter 
Alkoholkonsum

akuter und chroni-scher Alkohol-konsum

Parameter

CDT

HPLC2

γ-GT

MCV

GOT

GPT

EtG

EtG

Ethanol

PEth

Material

Serum

Serum

EDTA

Serum

Haar

Urin

Ethanol3
Blut, Aus-atemluft,
Speichel,
Urin

Kapilläres Blut, Vollblut, getrock-netes Blut

Ansprech-
zeit 

und ggf. 
abweichen-de Ansprech-
menge

≥ 1-2 Wo.

≥ 4 Wo.

≥ 1-4 Mt.

≥ ca. 1 Wo.

ca. 2 Wo.
je nach Haar-länge

innerhalb 2 Tage, ab ca. 8g Ethanol-konsum

sofort 
minimale Menge

30 Min.

Nachweis-
dauer

2-3 
Wo.

4-6 
Wo.

3-4 
Mt.

~ 1 Mt.

je nach Haar-länge

bis ca. 3 Tage, abhängig von Trinkmenge

abhängig von Trink-
menge

2-3 Wo.

Sensitivität 
(%)

60-801

30-502

20-40

15-25

hoch4

100%

~ 94

zusammen: 80-90%3

         

Spezifität

~ 95

~ 75

80-90

~ 50

~ 100

 

 ~ 100

CDT = Carbohydrate Deficient Transferrin
EtG = Ethylglucuronid (Ethanol-Metabolit), 7-30 pg/mg im Haar entspricht einem „moderaten Konsum“, als seriös gelten max. Haarlängen von 6 cm (= 6 Monate) für die Beurteilung des Alkoholkonsums
γ-GT = Gamma-Glutamyl-Transferase (Gamma-Glutamyl-Transpeptidase)
GOT = Glutamat-Oxalacetat-Transaminase (Aspartat-Aminotransferase, ASAT)
GPT = Glutamat-Pyruvat-Transaminase (Alanin-Aminotransferase, ALAT)
MCV = mittleres Zellvolumen der Erythrozyten
PEth = Phosphatidylethanol (PEth)

 

2. Empfehlung zur Verwendung von Alkoholmissbrauchs-Parameter

Fragestellung

Parameter der
ersten Wahl

ergänzende
Parameter

Einschränkungen

Screening auf chronischen Alkoholabusus

PEth oder CDT, γ-GT und MCV

in Kombination

(GOT, GPT)

Falsch positive Befunde selten, aber möglich. Diese können mittels Ethylglucuronid im Haar weiter beurteilt werden.

Therapieerfolgskontrolle beim kontrollierten Alkoholkonsum
(< riskante Menge)

PEth oder CDT

γ-GT, MCV

Parameter sprechen erst bei erheblichem Konsum über eine gewisse Zeitspanne an.

Kontrolle bzw. Nachweis einer Alkohol-Abstinenz

EtG
im Haar

-

Mindesthaarlänge: 3cm

Maximale Länge 5-6cm

Haarprobe muss unbehandelt sein.4

Anmerkung: Für ein Screening auf chronischen Alkoholabusus sind 2 bis 3 Abnahmezeitpunkte in 2 Monaten sinnvoll. Bei Bestimmung von Ethylglucuronid im Haar kann bei ausreichender Haarlänge und unbehandelter Haarprobe eine einzige Abnahme ausreichen (Haarwachstum ca. 1 cm pro Monat).

 

Kosten

Die Kosten für die Ethylglucuronid-Bestimmung im Haar betragen ca. 250.00 CHF und werden nicht von Krankenkassen übernommen. Im therapeutischen Prozess ist es grundsätzlich ungünstig mit diesem Wert zu arbeiten. Er spielt jedoch eine grosse Rolle bei der Erfolgskontrolle auferlegter Massnahmen durch rechtsmedizinische Institute.


 1Sensitivität geschlechtsspezifisch: bei Männern 80%, bei Frauen 60%
2Sensitivität geschlechtsspezifisch: bei Männern 30%, bei Frauen 50%
3Sensitivität bei Verwendung der Formel 0,8 ln (γ-GT) + 1,3 ln (CDT): bei Männern 90%, bei Frauen 80%
4Haarbehandlungen (Färbung, Bleichung, Straightening) können die Erfassung der geprüften Substanz erschweren oder verhindern, so dass falsch-tiefe bzw. falsch-negative Ergebnisse resultieren können.

 

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