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Pregabalin

Ausgangslage

  • Pregabalin ist ein weltweit oft verschriebenes Medikament für verschiedene somatische und psychiatrische Indikationen. 
  • Aufgrund von Beobachtungen zu Fehlgebrauch und Abhängigkeit ist die Verschreibung in einigen Ländern eingeschränkt worden oder steht unter entsprechender Überwachung. 
  • Gehäufter Fehlgebrauch wird zurzeit beobachtet bei Menschen aus nordafrikanischen Ländern und aus dem nahen und mittleren Osten, wo Pregabalin in der Regel rezeptfrei erhältlich ist. 
  • In der Schweiz wird vor allem über Probleme in Asylzentren und Gefängnissen bei Personen mit supratherapeutischen Dosierungen von Pregabalin im Sinne eines Fehlgebrauchts / Abhängigkeit berichtet. 
  • Siehe auch Positionspapier der SSAM zu Pregabalin.

Indikation und Dosierung

Pregabalin gehört wie Gabapentin zur pharmakologischen Klasse der Gabapentinoide. Pregabalin ist in der Schweiz für folgende Indikationen zugelassen: 

  • Neuropathische Schmerzen, insb. bei diabetischer Neuropathie, postherpetischer Neuralgie und Rückenmarksverletzung. 
  • Als Zusatztherapie von partiellen epileptischen Anfällen mit oder ohne sekundäre Generalisierung bei Patientiinnen und Patienten im Erwachsenenalter, die auf andere Antiepileptika ungenügend ansprechen.
  • Generalisierte Angststörungen im Erwachsenenalter.

Die Dosis liegt gemäss Fachinformationen zwischen 150 und 600 mg täglich, verabreicht in zwei bis drei Einzeldosen. Da Pregabalin fast ausschliesslich über die Niere ausgeschieden wird, muss die Dosis bei Nierenfunktionsstörungen angepasst werden. Bei Leberfunktionsstörungen ist keine Dosisanpassung nötig. Bei Schwangerschaft ist Pregabalin kontraindiziert. 

Risiken und Suchtpotential von Pregabalin

  • Bei Einhalten der medizinischen Indikation und der empfohlenen Dosierung ist Pregabalin prinzipiell ein sicheres und hilfreiches Medikament, insb. bei Patientiinnen und Patienten ohne Risiko für eine Abhängigkeitserkrankung.
  • Ein erhöhtes Abhängigkeitsrisiko besteht bei Vorliegen anderer Abhängigkeitsstörungen (bspw. Opioide, Benzodiazepine, Alkohol, etc.). 
  • Vorstellbar ist auch, dass komorbide psychische Störungen wie bspw. Impulskontrollstörungen, Persönlichkeitsstörungen, affektive oder posttraumatische Störungen, etc. das Risiko eines Fehlgebrauchs von Pregabalin erhöhen könnten, so wie dies auch für Abhängigkeitsstörungen durch andere Substanzen gilt. 
  • Wirkmechanismus:: Substanztypische Eigenschaften von Pregabalin können zur Entwicklung einer Abhängigkeitsstörung beitragen. So hat Pregabalin aufgrund seiner hohen Bindungsfähigkeit an Kalziumkanäle mit entsprechender Abnahme der neuronalen Erregbarkeit, aufgrund seiner Bioverfügbarkeit, aufgrund der vermuteten Wirkung auf das dopaminerge Belohnungssystem sowie aufgrund seines raschen Anflutens ein höheres Abhängigkeitsrisiko als bspw. Gabapetin. Pregabalin kann insb. bei Dosierungen oberhalb der Empfehlungen (also über 600 mg am Tag) einen euphorisierenden und sedierenden Effekt haben. Seltener kann es auch zu dissoziativem oder halluzinatorischem Erleben führen sowie zu aggressivem Verhalten. 
  • In epidemiologischen Studien und Fallberichten wird bei Fehlgebrauch / Abhängigkeit von Pregabalin von einer grossen Spannweite bei der Dosierung berichtet, welche zwischen 800 mg und 7500 mg pro Tag liege. Die mediane Dosis sei bei 2100 mg. In vielen solcher Fallberichte wird neben der Einnahme von Pregabalin auch der gleichzeitige Konsum anderer psychotroper Substanzen beschrieben. Aus Schweizer Asylzentren und Gefängnissen wird bspw. der gleichzeitige Gebrauch von Pregabalin und Clonazepam berichtet. Clonazepam ist ein langwirksames Benzodiazepin. Die Wirkungen von Pregabalin und Clonazepam verstärken sich dabei gegenseitig. 

Behandlung einer Abhängigkeit von Pregabalin

  • Bei Einnahme von supratherapeutischen Dosierungen bzw. Abhängigkeit von Pregabalin können bei zu rascher Dosisreduktion oder Absetzen des Medikaments Entzugserscheinungen auftreten. Es handelt sich dabei u.a. um psychiatrisch relevante Symptome wie Unruhe, Akathisie, Desorientiertheit, Verwirrung, Delir, Verhaltensauffälligkeiten, Aggression, oder Angstzustände, oder um neurologische bzw. allgemeinsomatische Symptome wie Tremor, Myocloni, Dysarthrie, Schwindel, Tachykardie, Hypertension, gastrointestinale Beschwerden, Nausea, Frösteln, Schwitzen, Speichelfluss, u.a.
  • Aufgrund der möglichen Entzugserscheinungen und Entzugskomplikationen sollte Pregabalin nicht abrupt abgesetzt werden, sondern eine schrittweise Dosisreduktion erfolgen, ggf. unter kontrollierten Abgabebedingungen in einem dafür geeigneten Setting. 
  • Eine Umstellung auf Gabapentin kann im Einzelfall geprüft werden. 
  • Sedative Medikamente mit geringem oder keinem Abhängigkeitspotential können zur Unterstützung des Abbaus / Entzugs von Pregabalin hilfreich sein. 
  • Liegt neben der Abhängigkeit von Pregabalin noch eine weitere Abhängigkeitsstörung oder eine komorbide psychische Erkrankung vor, sollten diese mitbehandelt werden. 

 

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